Den Schwalben gehen die Insekten aus

Das zwitschernde Quartett an der Spitze ist unverändert geblieben: Spatz (offizieller Name: Haussperling), Amsel, Kohl- und Blaumeise sind in NRW die hinterm Haus am häufigsten anzutreffenden Vögel. Das ist das vorläufige Endergebnis der „Stunde der Gartenvögel“, einer Zählaktion, zu der in diesem Frühjahr wieder der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV) aufgerufen hatten. Mit beeindruckendem Ergebnis: Bis zum Ende der Aktion am 21. Mai hatten in NRW insgesamt 7363 Vogelfreunde in 5066 Gärten 177 928 Vögel gezählt. Auf der Verliererseite verzeichneten vor allem Rauchschwalben Hirundo rustica (minus 24 Prozent) und Mauersegler Apus apus (minus 25 Prozent) dramatische Einbrüche. Auch die Mehlschwalbe (Delichon urbicum) musste mit einem Minus von 14 Prozent deutliche Verluste hinnehmen.

Für die eleganten Flieger sei es in diesem Lahr knüppeldick gekommen, berichtet Nabu-Vogelkundler Bernd Jellinghaus. Schon vor zwei Jahren habe eine Kältewelle im afrikanischen Botswana die Rauchschwalben übel dezimiert, die sich dort im Winterquartier aufhielten und plötzlich keine Nahrung mehr fanden, weil auch die Insekten von der Kälte dahingerafft wurden. In diesem Jahr habe es dann Mehlschwalben und Mauersegler im wahrsten Sinne des Wortes „kalt erwischt“. „Die waren gerade aus Afrika zurück, als hier der zweite Wintereinbruch kam.“ Entsprechend hoch seien die Verluste gewesen. Dass sich Spatzen und Schwalben gegenseitig die Nahrund wegschnappen, hält Bernd Jellinghaus dagegen für ausgeschlossen, weil die sich bei der Suche gar nicht in die Quere kommen können. „Der Spatz holt sich in jungen Apfelbäumen Läuse und Raupen, die Schwalbe jagt hoch am Himmel.“ Dort werde allerdings das Angebot immer überschaubarer. „Immer mehr Grün- und Ackerland wird zu Anbauflächen für Mais“, erklärt Bernd Jellinghaus. Eine der Folgen: Das Angebot an Insekten geht um rund 75 Prozent zurück. Jeder Autofahrer kennt das: Wer vor zehn, fünfzehn Jahren in ländlichen Regionen über die Autobahn fuhr, der hatte nach kurzer Zeit einen Überblick über das Nahrungsangebot für die heimische Vogelwelt auf der Frontscheibe. Heute kann man stundenlang unterwegs sein, ohne dass der Durchblick nachhaltig getrübt wird.

Quelle: Aachener Zeitung, 06.06.2013
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