Für die Braunkehlchen ist es zwei vor Zwölf

Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) ist ein kleiner Singvogel, knapp so groß wie die allbekannte Kohlmeise. Es bewohnt Hochstaudenflure und feuchtes Grasland mit erhöhten Ansitzwarten. In Sachsen lebten Ende der 1990er Jahre noch etwa 4 000 Braunkehlchen-Brutpaare, aber schon sieben Jahre später hatte sich deren Bestand fast halbiert. Heute ist die Art großflächig verschwunden. Geringe Restvorkommen in Sachsen zeigen auch schon deutliche Inzuchtdepressionen, unteranderem verkrüppelte Füße.

Solche Vögel sind dem langen, anstrengenden Zugweg nach Afrika einfach nicht mehr gewachsen und deshalb kommen immer weniger Braunkehlchen in ihre Brutgebiete zurück. Früher, noch vor etwa 25 Jahren kannte ich gut 40 Brutvorkommen in der Sächsischen Schweiz, mitunter auch mehrere Paare in einem kleinen Gebiet. Allein um Hinterhermsdorf waren mir zehn Brutplätze bekannt. Doch dass ist schon lange vorbei. Im Jahr 2018 konnten in der rechtselbischen Nationalparkregion nur noch drei Braunkehlchen-Reviere gefunden werden. Der Rückgang ist das deutliche Ergebnis einer verfehlten Agrarpolitik und kann wohl auch nicht wieder rückgängig gemacht werden. So wurde unter anderem vor nicht zu langer Zeit ein mir lange Zeit bekanntes Braunkehlchen-Habitat zwischen Lohsdorf und Hohnstein durch die Pflanzung von Erlen vernichtet. Heute weist ein Schild dort auf eine Zusammenarbeit mit der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“ hin. Schon verschiedene andere gedankenlos getätigte und genehmigte Aufforstungen haben in der Vergangenheit viele Lebensräume stark gefährdeter Wiesenbrüter vernichtet.

Quelle: Sächsische, 12.05.19
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